Max Beckmann in Frankfurt – eine Ausstellung im Städel
Die Museen haben wieder auf. Ich besuche das Städel, bevor nach ein paar Tagen alles wieder schließen muss. Die Beckmann Ausstellung im Städel ist klein, aber fein. Der Fokus liegt auf Beckmanns Jahren in Frankfurt, wo er von 1915 bis 1933 lebte.
„Ich werde wohl in Frankfurt wohnen bleiben […] In Frankfurt ist alles so hübsch beieinander, der moderne Großstadtbetrieb und die altertümliche Enge“, wird Beckmann im ausstellungsbegleitenden Katalog zitiert.
Selbstbildnis Max Beckmann
Das Werbebanner für die Ausstellung zeigt sein Selbstbildnis mit Sektglas von 1919. Beckmann, der das Grauen des Ersten Weltkrieges im Sanitätsdienst erlebte, malte dieses Selbstbildnis kurz nach Kriegsende. Der Blick aus seinem ausgemergelten Gesicht geht am Betrachter vorbei. Die merkwürdig verdrehte Hand mit Zigarette bildet fast den Mittelpunkt des Bildes und zeigt eine leicht grünliche und ungesunde Hautfarbe. Der Kopf erinnert ein wenig an einen Totenschädel. Beckmann stellt sich mit Smoking bekleidet an einer Bar dar, die Szenerie verströmt jedoch keine Fröhlichkeit.
Es ist sein 3. Selbstbildnis nach dem Krieg. Alle zeigen ihn ernst, trübsinnig und freudlos.„Die Selbstdarstellungen begleiten Beckmanns künstlerischen Werdegang von seinem Früh- bis in sein Spätwerk und veranschaulichen entscheidende Phasen seiner Entwicklung.“ (Zitat: ausstellungsbegleitender Katalog, Seite 7).
Adam und Eva vom Bildhauer Max Beckmann
Eine Überraschung für mich ist die Bronze-Skulptur Adam und Eva. (Leider noch mit Bildrechten belegt, daher klicken Sie bitte auf den Link, um zur Abbildung zu gelangen).
Die männliche sitzende Figur ist knapp 85 cm hoch. Die Füße sind überdimensional groß, die Beine eher plump, während der Kopf zu klein für die Proportionen ist. Adam sitzt auf einem niedrigen Höckerchen. Der linke Arm hängt an seiner Körperseite herunter. Die Gesichtszüge erinnern an Beckmanns Selbstbildnisse. Das Gesicht mit dem leicht geöffneten Mund und dem in die Ferne gerichteten Blick wirkt vom Leben gezeichnet.
In seiner rechten Hand hält er eine kleine Frau: Eva. Mit angezogenen Knien und ihren Händen auf dem Schoß sitzt sie auf Adams Handfläche direkt vor seiner Brust. Sinnbild für die Entstehung der Frau aus der Rippe des Mannes?
Eine Schlange windet sich von seinen Füßen, zwischen seinen Schenkeln hindurch und wirkt wie ein riesiger Phallus. Sie schlängelt sich am Rücken entlang um seinen Körper. Ihr Kopf liegt auf Adams rechter Schulter und scheint uns anzuschauen.
Die Schöpfungsgeschichte und der Sündenfall werden hier in einem dargestellt. Es sind die Themen des Alten Testaments aus dem Buch Genesis. Beckmann nimmt vorweg, dass die Vertreibung aus dem Paradies bevorsteht und das andauernde Elend der Menschheit herannaht.
Beckmann thematisiert Adam und Eva in einigen seiner Werke: 1907, 1917 und 1932 entstanden Ölbilder mit diesem Sujet. Ebenso erstellt er mehrere Graphiken mit Adam und Eva. Auf den Bildern sind Mann und Frau jedoch als gleichwertige Personen dargestellt.
Beckmann ist vor allem als Maler und Grafiker bekannt. Er fertigt jedoch, neben der erwähnten, noch 7 weitere Skulpturen, die allesamt erst nach seinem Tod in Bronze gegossen werden. In der Urfassung sind sie aus Gips. Adam und Eva entsteht 1936 in Berlin, nachdem er Frankfurt verlassen hat, und zeigt – wie seine Gemälde auch – so gar nicht den idealisierten und athletischen Körper eines Herrenmenschen, wie er von den Nationalsozialisten als erstrebenswert angesehen wird. Beckmann gilt, wie auch viele anderen Künstlerkolleg*innen seinerzeit, als entarteter Künstler.
Von der Tänzerin, die Skulptur von 1935, wird in der Ausstellung leider nur ein Bild gezeigt (das ich hier auch zeigen kann, da dieses Werk mittlerweile gemeinfrei ist).
Die Figur tanzt nicht, sondern verharrt im Spagat auf dem Boden in einer langen Horizontalen von 70cm. Oberkörper und Kopf sind soweit herabgesunken, dass die Nase das rechte, nach vorne gestreckte, Bein berührt. Der Fuß des hinteren linken Beines ist aufgestellt. Während die rechte Hand auf dem Schienbein ruht, liegt der linke Arm mit nach oben geöffneter Handfläche ohne Spannung auf dem Boden. Die Geste erinnert an eine Bittstellerin. Insgesamt strahlt die Figur nicht die Grazie einer Balletttänzerin aus, hat aber eine Aura von Verletzlichkeit, in ihrer auf dem Boden liegenden Position.
Bedauerlich, dass diese Bildhauerarbeit nicht im Original zu sehen ist.
Noch viel betrüblicher ist allerdings die Tatsache, dass die Max Beckmann-Ausstellung im Moment gar nicht mehr besucht werden kann, weil – naja, Sie wissen warum….
Überraschung: Max Beckmann ist auch Bildhauer! – britta kadolsky