In 2 Wochen ist es endlich wieder so weit: Am 23. April 2022 beginnt die 59. Kunst-Biennale von Venedig. Eigentlich für letztes Jahr geplant, musste das ‚Weltfestival der Kunst‘, wie es das art-Magazin nennt, die Veranstaltung verschieben – aus hinlänglich bekannten Gründen.
Vorab hier schon mal ein paar spannende Facts:
Die Biennale wird weiblich
Das gab es noch nie: Die Mehrzahl der beteiligten Künstler*innen ist weiblich – tatsächlich zum ersten Mal!
Die im Februar veröffentlichte Liste für die Hauptausstellung offenbart, dass von 213 teilnehmenden Künstler*innen nur 21 männlich sind. Ein Novum. Das andere Extrem – 90 % männliche Kunstschaffende – gab es zum Beispiel 1995. Auch wenn die Biennale in der Vergangenheit manchmal, wenn auch selten, von einer Frau kuratiert wurde, gab es doch immer viel mehr männliche als weibliche Künstler*innen.
Politik und Kunst
Natürlich ist die Biennale politisch. Ganz konkret: Der litauische Kurator Raimundas Malašauskas, die Künstlerin Alexandra Sukhareva und der Künstler Kirill Savchenkov, die den russischen Pavillon bespielen wollten, haben direkt nach Kriegsausbruch ihre Teilnahme abgesagt. Nicht auszustellen ist ein politisches Statement gegen Putins Invasion in der Ukraine. Der russische Pavillon bleibt also leer!
Und der ukrainische Pavillon? (Er befindet sich im Arsenale, während der russische Pavillon unweit des deutschen Pavillons auf dem Gelände der Giardini zu finden ist.) Der Künstler Pavlo Makov wird die kinetische Installation The Fountain of Exhaustion. Acqua Alta zeigen. Kuratiert wird der Pavillon von Maria Lanko, die aufgrund des Krieges momentan viele Interviews zu geben hat und quasi als Aktivistin auftritt. Die Leitung der Biennale sicherte dem ukrainischen Pavillon jede mögliche Unterstützung zu.
Dieses Jahr wird die Biennale von der in New York lebenden Italienerin Cecilia Alemani verantwortet. Der Titel der diesjährigen Supershow lautet The Milk Of Dreams und leitet sich von dem gleichnamigen Kinderbuch der surrealistischen Malerin Leonora Carrington ab. Es geht um eine magische Welt, in der sich alles und jeder transformieren kann, um jemand oder etwas anders zu werden. Leonora Carrington ist einigen vielleicht ein Begriff als als Geliebte von Max Ernst, mit dem sie in Frankreich zusammenlebte, bis Max Ernst 1940 während der deutschen Besetzung Frankreichs von der Gestapo verhaftet wurde. Verständlicherweise wehrte sie sich immer gegen diese einseitige Fixierung, auch wenn sie in den Medien eben dadurch bekannt wurde.
Der deutsche Pavillon
Der ehemalige ‚Bayrische Pavillon‘ von 1909 wurde unter Hitler im Sinn einer faschistischen Herrschaftsarchitektur umgebaut. Alle hier ausstellenden Künstler*innen haben daher immer auch die Herausforderung zu meistern, sich mit der Geschichte des deutschen Pavillons auseinandersetzen.
Apropos künstlerische Beteiligung von Frauen: Von insgesamt bisher 732 Künstler*innen im Deutschen Pavillon waren gerade einmal 30 weiblich. Keine gute Bilanz! Allerdings gibt es dieses Jahr das dritte Mal in Folge eine Künstlerin: Maria Eichhorn wird den Pavillon bespielen. Sie nahm bereits an mehreren documenta-Ausstellungen teil, und auch auf der Venedig Biennale hat sie bereits dreimal ausgestellt. Über ihren thematischen Schwerpunkt heißt es auf der offiziellen Website: „Mit dem Verhältnis zwischen Eigentum und Besitz beschäftigt sich Maria Eichhorn ebenso intensiv wie mit jenem zwischen Arbeit, Wert und Zeit.“ Wir dürfen gespannt sein. Yilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig in Köln, ist der diesjährige Kurator.
Übrigens ist das Auswärtige Amt für den Deutschen Pavillon in Venedig zuständig (eine Aufgabe, die seit 1971 das ifa, Institut für Auslandsbeziehungen, übernimmt).
Goldene Löwen
Bereits siebenmal hat der Deutsche Pavillon den Goldenen Löwen erhalten:
- 1984 Lothar Baumgarten,
- 1986 Sigmar Polke,
- 1990 Bernd und Hilla Becher,
- 1993 Hans Haacke / Nam June Paik,
- 2001 Gregor Schneider,
- 2011 Christoph Schlingensief
- 2017 Anne Imhof. (Die damalige Kuratorin Susanne Pfeffer ist mittlerweile Direktorin des MMK, Museum für moderne Kunst in Frankfurt und sitzt dieses Jahr in der Jury.)
Die Goldenen Löwen für ein Lebenswerk werden dieses Jahr vergeben an:
- die chilenische Filmemacherin, Künstlerin und Aktivistin Cecilia Vicuña und
- die Künstlerin Katharina Fritsch (ihre Tischgesellschaft steht im MMK Frankfurt)
Am 23.4. öffnet die 59. internationalen Kunstausstellung ihre Tore, sie dauert bis zum 27.11. Im Mai werde ich dort sein und berichten.
Zu meinem Artikel über die Architekturbiennale, die sich mit der Kunstbiennale zweijährig abwechselt, geht es hier.
Mittlerweile habe ich auch Artikeln über den Deutschen Pavillon und über meine Highlights auf der Biennale geschrieben.
Die Kunst-Biennale Venedig ist wieder da