Bei meinen Besuchen in den diversen Museen für moderne und zeitgenössische Kunst fällt mir immer wieder auf, wie beeindruckend Museumsarchitektur sein kann.
Ich denke hierbei an Bauten wie
- das zylindrisch geformte Guggenheim Museum in New York
- das technisch-futuristisch anmutende Centre Pompidou in Paris,
- das glänzende, imposante Guggenheim Museum in Bilbao
- die eindrucksvollen, gläsernen Segel der Fondation Louis Vuitton in Paris oder
- die überwältigende Beton-Formationen des MAXXI in Rom.
Zusätzlich imponieren ehemalige Industriegebäude, die mittlerweile als Museum fungieren.
- Allen voran die Tate Gallery of Modern Art in London, eine der bekanntesten Neunutzungen. Das ehemalige Kraftwerk ist eines der größten Museen für moderne und zeitgenössische Kunst.
- Die Beispiele des Hamburger Bahnhofs oder des Kindl-Zentrums für Zeitgenössische Kunst in Berlin zeigen, dass auch ein ehemaliger Bahnhof oder eine Brauerei ein neues Zuhause für die Kunst werden kann.
- Ein weiteres Beispiel ist das Museum Küppersmühle in Duisburg, eine ehemalige Mühle und eindrucksvolles Beispiel für ein gelungenes Museum in einem Indrustriedenkmal.
Selbstverständlich sind auch in diesen Fällen renommierte Architekten für den Umbau verantwortlich. Dazu komme ich jedoch ausführlicher im 2. Teil meines Artikels, der in Kürze erscheint.
Welche Chance hat die Kunst, neben der bombastischen Museumsarchitektur von heute zu bestehen?
Der ursprüngliche Gedanke, den Kunstwerken eine Bühne zu geben, tritt bei den kapriziösen neuen Museumsbauten immer häufiger in den Hintergrund. Die heutige Erlebnisarchitektur und Monumentalität bei Kunsthallen und Museen übertrumpft die Kunst darin häufig. Heute ist das Museumsgebäude selbst schon ein Kunstobjekt.
Andererseits locken die modernen Kunst-Tempel so viele Besucher*innen an wie nie zuvor. Nicht nur die TAZ nannte es mal den ‚Bilbao – Effekt‘.
Guggenheim in New York
Dieser Effekt stellte sich erstmals bei der architektonischen Ikone des Guggenheim in New York ein. Als eines der ersten Museen für moderne Kunst wurde das über 70 Jahre alte Salomon R. Guggenheim Museum in New York wegen seiner imposanten Architektur weithin bekannt. Frank Lloyd Wright (1867 – 1959) hat diesen einzigartigen Bau mit seinen Rundungen an der Upper East Side von Manhattan entworfen.
Die aufeinandergestapelten Ringe, die nach oben hin immer breiter werden, verleihen dem Gebäude das unvergessliche Aussehen.
Im Inneren gibt es keine einzelnen Etagen, sondern breite Galeriegänge, die sich spiralförmig nach oben winden. Der Rundbau des Museums ist nach innen hin offen und bildet eine Halle. Eine große Glaskuppel von oben erhellt die Rotunde. Die Architektur gibt einen einfachen Weg durch die Ausstellungen vor: man fährt mit dem Fahrstuhl bis ganz nach oben, um anschließend die Gänge herunterzugehen und dabei die Kunst zu betrachten. Schon zur Eröffnung 1959, wurde bereits diskutiert, dass die Architektur die Kunst darin überschatten könnte. Die Auswirkung der schiefen Wände auf die an ihre hängende Malerei sei sehr nachteilig.
Spektakulär hängen jedoch Installationen oder Bildhauerarbeiten in der Halle von der Decke herab. Über die Brüstung der Galeriegänge hinweg sichtbar, können sie beim Heruntergehen von allen Seiten betrachtet werden.
Das Museum gilt noch immer als eines der ‚must-sees‘ in New York.
Die Entwicklung in der Museumsarchitektur hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt und wird pompöser und gigantischer.
Centre Pompidou in Paris
Ein Kultplatz für moderne Kunst ist mit dem Centre National d’Art et de Culture Georges-Pompidou in Paris entstanden. Die Architekten sind Renzo Piano (*1937) und Richard Rogers (*1933). Das Anfang 1977 eröffnete Centre Pompidoubeherbergt neben dem Museum für moderne Kunst auch eine Bibliothek, Kino und Theater sowie ein Musikforschungszentrum. Die auch heute noch sehr futuristisch anmutende Architektur erinnert eher an eine Industrieanlage als an ein Museum. Die Fassade zeigt die Versorgungstechnik, die Rolltreppen in durchsichtigen Plastikrohren, Lüftungsleitungen und Elektrorohre sowie das Tragwerk. Dadurch wirkt das Gebäude nicht so elitär wie ein Kunst-Tempel. Die Ausstellungsräume im Innern sind nüchtern und bieten durch die teilweise eng gestellten Kabinen keinen guten Blick auf die Kunstwerke.
Der Strawinsky-Brunnen unmittelbar neben dem Museum bildet mit Tinguelys beweglichen wasserschöpfenden Maschinen und den bunten Nana-Figuren von Niki de Saint Phalle dazu einen fröhlich-leichten Kontrast.
Guggenheim in Bilbao
Ganz anders wirkt das Guggenheim Museum in Bilbao, das von Frank O. Gehry (*1929) entworfen wurde. Das Gebäude im nordspanischen Baskenland ist bereits über 20 Jahre alt und fasziniert nach wie vor. Je nach Sonnenlicht, glänzt die Titan-Außenschicht silbrig oder golden. Wie aus unterschiedlichen Bauteilen zusammen gesetzt – organisch geformte Strukturen die auf –, über – und nebeneinander sitzen – wirkt das Gebäude dekonstruiert und ohne Symmetrie. Die vielen geschwungenen Partien wirken dennoch sehr harmonisch miteinander. Die Haut sieht aus, als wäre sie aus überdimensionierten Fischschuppen.
Zusätzlich schmücken riesige Bildhauer-Werke das Außengelände des Museums, wie etwa die über 9 Meter hohe Bronze-Spinne aus Bronze Maman von Louise Bourgeoise. Dieses Schlüsselwerk der Französisch-US-amerikanischen Künstlerin gilt als Hommage an Ihre Mutter.
Auch die Tulpen aus Edelstahl von Jeff Koons sowie sein Hush Puppy (ein über 12 m großer Hund bestehend aus Pflanzen und Blumen) versprechen schon außerhalb des Museums imposante Kunst.
Die Kunst im Inneren ist ebenso hochkarätig, konkurriert jedoch mit den faszinierenden Blicke auf die Architektur von drinnen nach draußen. Neben Führungen zur Kunst innerhalb des Museums gibt es konsequenterweise auch Architekturführungen. Ich kann sie nur empfehlen: Bereiche die normalerweise nicht öffentlich sind können dabei besucht werden.
Das Museum ist eindeutig zum Standortvorteil für die einst eher unscheinbare Industrie- und Hafen-Stadt im Norden Spaniens geworden.
Fondation Louis Vuitton in Paris
Die erst 2014 fertiggestellte Fondation Louis Vuitton im Bois de Boulogne in Paris ist ebenfalls von Frank O. Gehry entworfen worden. Die eindrucksvolle Konstruktion aus Glas, Stahl und Holz erinnert an ein riesiges Segelschiff. Auch dieses Gebäude wirkt wie aus vielen geschwungenen Bausteinen zusammengesetzt. Bereits von weitem sichtbar erhebt sich das Privatmuseum von Bernard Arnault (Mitbesitzer des Luxusgüter-Konzerns LVMH für Mode- und Champagner) inmitten des riesigen grünen Landschaftsparks im Westen von Paris.
Auch diese imposante Architektur benötigt aufsehenerregende Kunstwerke. Eigens für das Museum erstellten Ólafur Elíasson und Ellsworth Kelly riesige Kunstwerke. Allerdings lenken, wie auch im Guggenheim Museum in Bilbao, ungewöhnliche Ein – und Ausblicke immer wieder ab: Geschwungene Treppenaufgänge, begrünte Terrassen, Ausblicke auf den Eiffelturm und die Skyline des Pariser Viertels La Defense. Die Blicke durch die gläserne Fassade der Stahlkonstruktion bieten überraschende, bewusst gestaltete Aussichten, die fast noch mehr begeistern, als die ausgestellte Kunst.
MAXXI in Rom
Ein Blickfang ganz anderer Art ist das MAXXI, genauer: Museo Nazionale delle Arti del XXI Secolo in Rom. Die berühmte und mittlerweile leider verstorbene britisch-iranische Architektin Zaha Hadid (1950 – 2016) hat die geschwungene Betonkonstruktion entworfen. Lange Zeit galt es als unmöglich ihre fließenden Formenentwürfe in Beton zu realisieren.
Am Stadtrand von Rom, eingebettet zwischen den bestehenden Gebäuden auf einem L-förmigen Grundstück, wirkt der Bau sehr futuristisch. Von außen muten die Sichtbetonwände eher wuchtig an, das Innere jedoch erscheint luftig und spielerisch.
Übereinander gelegte Ebenen sind durch verschlungene Treppen und Gänge mit plötzlichen Öffnungen miteinander verbunden. Man verirrt sich anfangs und staunt über die überraschenden Blickachsen.
Neben einem Museum für Kunst beherbergt das MAXXI passenderweise auch ein Museum für Architektur.
Bei all den alten Steinen im Rom der Antike, der Pracht der Renaissance sowie der opulenten Herrlichkeit des Barocks und den unendlichen Museen und Bauwerken des Vatikans in der ewigen Stadt hat Rom 2010 endlich auch ein Museum für die zeitgenössische Kunst bekommen.
Kunst und Architektur wetteifern miteinander
Die eigentlich dienende und unterstützende Rolle für die Kunst erfüllen die Bauwerke oft nicht mehr, sie haben sich emanzipiert und präsentieren sich als eigenständiges Kunstwerk. Außerdem sind die Tempel der Kunst zuweilen auch dysfunktional für die Ausstellung von Kunstwerken.
Trotzdem: Bei diesen spektakulären Museumsbauten bestaune ich immer die Architektur, erkenne, dass die Kunstwerke nicht immer dagegen ankommen und habe doch Augen für beides!
Wie sich das bei den alten Bauten aus der Industrie verhält, die eigens für eine Museumsnutzung umfunktioniert wurden, beschreibe ich in meinem 2. Teil des Artikels.
Spektakuläre Museumsbauten – britta kadolsky