Der Saisonstart der Frankfurter Galerien
An einem Wochenende Anfang September war ich auf der Frankfurt Art Experience 2022– dem Saisonstart der Frankfurter Galerien unterwegs, der dieses Jahr zum 28. Mal stattfindet. Damit ist es vermutlich das älteste Gallery Weekend in Deutschland. Über 50 Galerien – etablierte und neue, große und kleine – und Offspaces nehmen an Frankfurts Gallery Weekend teil: Sie eröffnen nach der Sommerpause gleichzeitig an einem Wochenende im September ihre Ausstellungen. Die Ausstellungsorte zeigen hauptsächlich zeitgenössische Positionen, aber auch moderne und historische Kunst wird hier und da ausgestellt.
Seit vier Jahren gibt es zum Auftakt an dem Wochenende die Frankfurt Art Experience mit sogenannten Art Walks – ein wunderbares Erlebnis: Kunstvermittler*innen führen für 1,5 – 2 Stunden durch ausgewählte Galerien und erzählen zusammen mit den Galerist*innen viel Wissenswertes über die Künstler*innen, die Kunstwerke und das Galeriewesen. Im Rahmen von Spaziergängen durch die Stadtviertel Westend und Innenstadt besuchte ich die Galerien. Ein Ticket für einen Art Walk kostete übrigens nur 10€, ermäßigt 6€, das ist weniger als der Eintritt für ein Frankfurter Museum und die Führung ist inklusive!
Eröffnung des Frankfurter Gallery Weekends
Zunächst hatte ich die Gelegenheit am Eröffnungsabend im Offspace des Kunstvereins Familie Montez dabei zu sein. Offspace?! Ich bin ich sehr erstaunt über den Jaguar auf dem Hochglanz-Podest: Die Werbe-Botschaft des Sponsors steht gleich vor dem Eingang. Passt für mich nicht so recht zu einem Offspace, aber vermutlich habe ich einfach nur nicht mitbekommen, dass sich dieser wirklich coole Ausstellungsraum inzwischen (weiter?-) entwickelt hat.
Silke Hohmann vom Kunstmagazin Monopol moderiert flott durch die Reden von Ina Hartwig, der Frankfurter Kulturdezernentin, und der Sponsoren von Jaguar und HPQ – Hafen Park Quartier. Der Vergleich von Frankfurt mit New York wird zwar augenzwinkernd vorgetragen, wirkt jedoch allzu bemüht und abgedroschen.Selbstverständlich braucht es neben dem Geld der Stadt Frankfurt auch Sponsoren, um das dreitägige Kultur-Event auf die Beine zu stellen. Bei den mehr oder weniger mitreißenden Reden wird vielen Beteiligten gedankt, die Galerist*innen und vor allem die Künstler*innen finden jedoch kaum Erwähnung. Sei’s drum: Die Galerien und ihre Künstler*innen bieten wirklich tolle Kunst, die es zu entdecken gilt!
Kunstverein Familie Montez
Beim Kunstverein Familie Montez ist bereits erstaunlich viel Kunst zu sehen: Die großen fotografischen Schwarzweiß Portraits, die Uwe Behrendt mit einer alten, analogen Großbildkamera und der historischen Wet Plate Technik gemacht hat, versprühen einen nostalgischen Charme. Einige sind mir vom Motiv und mit Kostümen zu sehr auf ‚alt‘ getrimmt, aber manche berühren mich.
Im leeren Nebenraum können die Bilder völlig alleine für sich wirken, ganz im Gegensatz zum Hauptraum, der mit einer Bar, Sofas und der Bühne sehr belebt ist. Hier stellt Constanza Weiss ihre gemalten Portraits aus. Die Frankfurterin porträtiert Menschen des Alltags, die sie auf eine besondere Weise interessiert und berührt haben. Die Modelle sitzen auf einem Sofa oder einem Stuhl und schauen den Betrachtenden an. Blicke heißt die Serie.
Der nächste Raum darf erst ab 16 Jahren betreten werden. Die Wände sind über und über mit der blutigen Kunst von Hermann Nitsch bedeckt. Das Rot auf den Werken des Wiener Aktionismus-Künstlers brüllt mich an, und ich mag gar nicht hinsehen. Die dauerhafte Installation hängt damit zusammen, dass Mirek Macke, der Direktor des Kunstvereins Familie Montez bei Nitsch an der Städelschule studierte.
Frankfurter Kunst- und Galerienszene im Westend Walk
KunstRaum Bernusstraße
Die Galerie KunstRaum Bernusstraße am Rande des Diplomatenviertels ist eine tolle Entdeckung. In ihrem Wohnhaus hat Marina Grützmacher herrlich lichtdurchflutete Räumlichkeiten für ihre Galerie geschaffen. Die Kinder sind aus dem Haus, das Büro des Mannes ebenfalls ausgezogen. Dafür sind Alwin Doroks Kunstwerke ausgestellt. Der in Frankfurt wohnende Künstler hat eine Ausbildung als Maler und Lackierer gemacht und Künstlerbücher gestaltet bevor er sich entschloss, selber Künstler zu sein. Autodidaktisch und mit der Erfahrung im Umgang mit Farbe arbeitet er im Bereich der Konkreten Kunst. Bei dieser Stilrichtung sind Farben, geometrische Formen und Materialien ohne gegenständliche Abbildung und ohne symbolische Deutungen maßgebend.
Dorok liebt das Quadrat und arbeitet mit dieser geometrischen Form in fast allen seinen Werken. Außerdem begeistert er sich für Pigmente. Die in Reihe aufgehängten, rechteckigen Arbeiten sind durch ihren Farbauftrag immer in zwei Quadrate aufgeteilt. Das jeweils untere Quadrat ist mit Rostpigmenten und das Obere mit Farb-Pigmenten bemalt. Eine Werkgruppe zeigt Pigmente aus der Kobaltgruppe in unterschiedlichen Abstufungen, bei einer anderen sind es Schiefer-Pigmente. Die Ränder des Malgrundes lassen, auch durch den rostigen Auftrag, an Metall denken. Der Künstler nutzt jedoch handgeschöpftes, dickes Papier.
Reinhard Roy ist der zweite ausgestellte Künstler, dessen Objekte und ihr Schattenwurf ebenfalls der Konkreten Kunst zuzuordnen sind.
Außerdem hat die Galerie in den Kellerräumen eine Skulpturengalerie: Plastiken von erstaunlich vielen Künstler*innen in Bronze, Holz oder Stein können hier bewundert werden. Im Garten leuchtet in intensivem Ultramarinblau eine Skulptur von Stefan Piertrygas. Die hohe blaue Pappel aus Holz ist weithin sichtbar.
Daneben liegt ein Frauenkopf von Wanda Pratschke im Gras. Diese Galerie hat fast was von einem Museum.
Galerie Berghout
Gloria Jardens Malerei in lebendigen Farben zeigt Blumen oder Landschaften, die teilweise mit weißer Farbe wieder verdeckt werden. Agonie des Realen heißt die Werkreihe und ist an die Gedanken aus Jean Baudrillards gleichnamigen Werk von 1978 angelehnt. Jarden vergleicht die Ideen des Philosophen und Medientheoretikers mit der heutigen Welt und ihren digitalen Medien und Fake News. Tja, was soll ich sagen: die Blumen, die hinter der weißen Übermalung hervorblitzen sind dekorativ und lassen keine abgründigen oder manipulativen Nachrichten erkennen.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich Baudrillards Buch auch nicht gelesen habe. Ich erinnere mich jedoch in der Galerie vor drei Jahren die eindrücklichen Portraits von Janina C. Bruegel gesehen zu haben, die mir sehr gefallen haben.
Unsere Kunstführerin Rebecca Leudesdorff appelliert an uns: „Nehmen Sie die Galerien als Ausstellungsorte wahr, die sie kostenlos besuchen können.“ Ein schöner Gedanke, der aufräumt mit der gefühlten Hemmschwelle, die für viele das Betreten einer Galerie so schwierig gestaltet. Herr Berghout nickt nicht nur bestätigend, sondern fügt auch hinzu: „Wer sich porträtieren lassen möchte, kann hier anfragen. Und Vorschlag Nummer 2: Wer einen Malworkshop machen möchte ebenfalls.“ Tolle Idee!
Kunsthandel Hagemeier
Neben dem sogenannten primären Kunstmarkt, in dem ein Kunstwerk erstmals auf dem Markt von der Galerie, die die Künstler*innen vertritt angeboten wird, gibt es den sekundären Kunstmarkt, der sich mit dem Wiederverkauf der Kunstwerke befasst. Hier verkaufen Auktionshäuser und Kunsthändler die Kunst von Sammler*innen erneut. Der Kunsthändler Achim Hagemeier hat seine Räume seit vierzig Jahren In Frankfurt und nimmt von Anbeginn an der Frankfurt Art Experience teil. Hagemeier ist spezialisiert auf den deutschen Expressionismus. Am besten gefallen mir die Bronze-Figuren von Karl-Heinz Krause, der auch im öffentlichen Raum, vor allem in Berlin, mit seinen Bildhauerarbeiten vertreten ist.
Galerie das Bilderhaus
Die Kellerräume einer kleinen Gründerzeitvilla im Frankfurter Nordend beherbergen die Galerie Das Bilderhaus von Jutta Uhlendorf-Baier. Kararzyna Zommer stellt Natur-Aquarelle aus, die sie auf ihren Streifzügen durch den Schwarzwald gemalt hat. Viel interessanter finde ich jedoch ihre Textilarbeiten. Die polnische Künstlerin hat bemalte Leinwände ohne Keilrahmen bestickt und deren Ränder behäkelt. Die amorphen Bilder erinnern an natürliche Landschaften, die rätselhaft wirken. Außerdem bestickte Zommer uralte Blumenpostkarten, die dadurch ihre Biederhaftigkeit verlieren.
Galerie Bärbel Grässlin
In der Pause vor meinem nächsten Walk gehe ich noch schnell bei der Galerie Bärbel Grässlin vorbei. Die Architektur des großen Kubus aus Beton und Glas im Hinterhof kurz vor der Zeil fasziniert mich immer wieder. Die ehemalige Glaserei wurde zu einem riesigen und repräsentativen Ausstellungsraum umgebaut. Andreas Breunigs ausgestellte Malerei zeigt deutlich, dass er Schüler bei Albert Oehlen war, dem ‚neuen Wilden‘ aus den 1980er Jahren: Farbenfrohes Bad Painting. Auf meine Frage nach einem Flyer, bekomme ich von dem Menschen hinter der riesigen und trennend-abschirmenden Theke wortlos mit einer Kopfbewegung gezeigt, wo ich die Information finden kann. Ich fühle mich nicht wirklich willkommen. Vielleicht sah man mir an, dass ich keines der Werke ab 12.000 Euro aufwärts kaufen werde. Hier ist sie, die Hemmschwelle, in diese Galerie traut man/frau sich nicht so leicht. Schade.
Frankfurter Kunst- und Galerienszene im Innenstadt Walk
Philipp Pflug Contemporary
Der gleißend-helle White Cube auf der Berliner Straße mit seiner dekorativen Wendeltreppe im Raum offenbart durch die großen Fensterfronten bereits von draußen einen Blick auf die Kunst. Farbig und heiter wirken die Werke von Jagoda Bednarsky. Die in Polen geborene Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin und ist Absolventin der Städelschule.
Die Figuren und Gegenstände auf ihren Bildern könnten Traumwelten entsprungen sein und sind skurril zusammengestellt: Eine Mondsichel mit Gesicht in Kombination mit einer Gurkenscheibe, ein kuscheliges Monster oder Fabelwesen, das direkt von Maurice Sendaks Cover des berühmten Kinderbuchklassikers „Wo die wilden Kerle wohnen“ angeeignet wurde oder schwebende Brüste, schimmernde Seifenblasen und ein kleines Selbstporträt der Künstlerin. Die Bilder wirken in der Zusammenstellung ihrer Motive collagiert und die pastellige Malerei irritiert. Nach der Information, dass die Künstlerin vor wenigen Jahren Mutter geworden ist, bin ich interessierter. Im Unterschied zu anderen Künstlerinnen der vorherigen Generation thematisiert Bednarsky ihr Muttersein, obwohl es in der Kunstwelt auch heute noch schwierig ist, Mutter- und Künstlerin-Dasein zu vereinbaren. Da ist die Kunstwelt weder avantgardistisch noch innovativ unterwegs – leider. Oder, wie es in einem Artikel in der Monopol formuliert wurde: „Ist die Vereinbarkeit von Mutterschaft und künstlerischer Arbeit also mittlerweile ein Dilemma der Vergangenheit? Sicherlich nicht.“
Philipp Pflug gründete seine Galerie 2014 mit nur 24 Jahren und stellt regionale Künstler*innen aus. Bei seinen Rundgängen an der Städelschule oder bei der HfG (Hochschule für Gestaltung) in Offenbach sowie in den unterschiedlichen Offspaces ‚findet‘ er die Positionen, die ihn reizen. Über Jahre betreut er die Künstler*innen, zeigt sie auf Messen und baut eine enge Verbindung zu ihnen auf.
Schlieder Contemporary
Sylvia Schlieder betreibt ihre Galerie seit 2016. Seit der Corona-Pandemie bietet sie ihre Kunst auch über einen Online-Shop an. Außerdem: Die Kunstwerke zu sich nach Hause beamen geht auch, über die Plattform ARTLAND. Alle ihre ausgestellten Künstler*innen sammelt sie auch selber, verrät Schlieder. Und beginnt direkt mit viel Begeisterung über John Franzens Kunst zu sprechen.
Hochglanz und Zerstörung fällt mir beim Blick auf die runden Titanbeschichteten Stahl-Tableaus ein. Ich bin fasziniert und zücke mein Handy, um ein verzerrtes Selfie zu machen. Durch die brutale Beschädigung mit der Axt wurde die strahlende und glatte Oberfläche deformiert. Creation in Destruction heißt die Reihe der farbig schimmernden Werke. John Franzen will mit seiner Kunst übrigens genau den Narzissmus des sich Spiegeln-wollens zerstören.
Each Line one Breath ist eine kontemplative Werkreihe: Bei jedem Atemzug zeichnet der Künstler eine Linie auf das Papier neben die vorherige. Gleichmäßig und doch unregelmäßig, so wie auch der Atem, ergibt sich dadurch eine faszinierend abstrakte Form in der ich versinken könnte.
Peer Kriesel ist der zweite Künstler in der Galerie Schlieder Contemporary. Seine geschütteten Pfützen aus Aquarellfarbe auf alten Land- und Seekarten offenbaren bei genauerem Hinsehen auch gezeichnete Elemente: Fratzen, Totenschädel und Vogelwesen. Mit einem Fineliner zeichnet der Künstler die Leerstellen nach, die durch die verteilte Farbe auf den Karten entstand.
Als Kontrapunkt malt der Künstler zusätzlich eine geometrische Form in das Wimmelbild, die auch als Ruhepol dient. Kriesels Übermalungen, die spontan entstehen, erinnern an den Surrealismus und an Phantasiewelten.
Galerie Maurer
Die Galerie Maurer zeigt häufig Papierarbeiten. Früher galten lediglich Metall, Stein und Holz als hochwertige Bildhauermaterialien – Papier als künstlerisches Material ist jedoch seit ca. zwanzig Jahren in seiner Wertigkeit gestiegen. Wie wunderbar sich dieses Material für Skulpturen eignet, beweist Angela Glajcar mit ihren Installationen aus der Reihe Terforation.
In mehrere gleichformatige, hintereinander aufgehängte Papiere hat Glajcar jeweils in die Mitte ein Loch gerissen. Jedes Blatt wird dabei unterschiedlich eingerissen und es entsteht ein räumlicher Körper, dessen Inneres wie eine Grotte wirkt. Die Künstlerin skizziert zunächst ihre grobe Idee, bevor sie die Risse in alle Papiere eines Werks macht. Die Arbeiten in der Galerie in unterschiedlichen Größen zeigen die skulpturale Fähigkeit des durch eben diese Risse verletzten Papiers. Abstandshalter zwischen den Papieren gewährleisten ein äußerlich gleichmäßiges Erscheinungsbild. Das Papier ist industriell behandelt und gegen Sonne und Insekten geschützt und dadurch nicht so vergänglich.
Angela Glajcar studierte in Nürnberg und arbeitete ursprünglich mit Metall und Holz. Erst durch Skizzen auf Papier zur Probe stellte sie fest, wie sehr ihr der Werkstoff gefällt. Mir gefallen ihre Arbeiten, seit ich ihre riesige Terforation im Museum Wiesbaden gesehen habe und sie mir vor einem Jahr im Haus des Papiers in Berlin in klein wieder begegnete.
KunstSäule
Die Frankfurter KunstSäule gibt es seit 2017: Eine Litfaßsäule in Sachsenhausen, deren Plakatierung von der Firma Ströer den Künstler*innen zur Verfügung gestellt wird. Außerdem wird das Projekt von der Stadt Frankfurt gefördert. Kuratiert von Florian Koch und Daniel Hartlaub stellt alle vier Monate ein*e neue*r Künstler*in aus. Momentan ist es Sarah Schoderer. Sie ist Malerin und beschäftigt sich mit VR-Animation. Schoderer hat zusammen mit dem befreundeten Architekten Prashant Chavan ein Modell kreiert, in dem ihre Ölbilder die Wände sind, und diese dann gefilmt.
In dieses Video hat die Künstlerin noch digital hineingemalt. Das plakatierte Ergebnis an der KunstSäule wirkt wie eine pastellige und unwirkliche Landschaft, die aufgrund des großen Formats teilweise verpixelt ist, was aber sehr stimmig wirkt. Wie eine Skulptur bietet die Litfaßsäule eine Allansichtigkeit, die einen großen Unterschied zur ursprünglichen Malerei darstellt. Auch für die Künstlerin ist es ein interessantes Experiment.
Ich finde die KunstSäule spannend und nehme mir vor nun regelmäßig vorbeizugehen, bietet sie doch kostenlos neue junge Kunst.
Weitere Entdeckungen in der Frankfurter Kunstszene
Galerie Heike Strelow
In der Innenstadt besuchte ich die Galerie Heike Strelow. Auch sie stellt zwei unterschiedliche künstlerische Positionen aus: Hendrik Zimmer und Starsky Brines.
Zimmers ungrundierte Leinwände sind mit geometrischen Formen bedeckt, die wie ein Puzzle zusammengefügt wirken. Neugierig stehe ich vor den abstrakten und farbigen, groben Leinwänden, um den Arbeitsprozess zu erkennen. Zimmer bedient sich dem alten malerischen Verfahren der Holzschnitttechnik. Er sägt die einzelnen Holzteile aus, trägt Farbe auf und legt sie, puzzlegleich, auf die Leinwand. Mit einer Druckpresse bringt er die Farbe vom Holz auf die Leinwand und experimentiert dabei mit der Intensität der Farbe. Sie sind von der Seite betrachtet sehr kräftig, von vorne jedoch erscheinen sie sehr leicht, fast durchscheinend.
Starsky Brines malt expressive Bilder mit Tieren, wie beispielsweise einen Tiger oder einen Hund, die direkt zu den Betrachtenden schauen. Die farbenfrohen Acryllbilder wirken munter und energiegeladen.
STUDIOSPACE Lange Strasse 31
Über der Galerie Strelow liegt das STUDIOSPACE Lange Strasse 31. Hier stellen Christina Kral und Carolin Kropff aus. Das Atelier hat sich in einen Ausstellungsraum verwandelt. In der Mitte des Raumes stehen die Installationen von Christina Kral und an den Wänden hängen Bilder der vielseitigen Künstlerin Caroline Kropff. Eine große Ölmalerei zeigt die Messehalle, wie sie einst aus ihrem Atelierfenster im ehemaligen Polizeipräsidium zu sehen war.
An der hinteren Wand hängt eine Arbeit, die die Malerei mit dem Textilen verbindet. Kropff, die in Düsseldorf an der Kunstakademie und in Frankfurt an der Städelschule studierte, hat auch eine Ausbildung zur Herrenschneiderin absolviert. Ganz konsequent verbindet sie die Liebe zur textilen Kunst mit ihrer Malerei.
Das Atelier dient auch als Werkstatt und Projektraum, in dem gemeinsam kreative Prozesse mit dem Schwerpunkt auf Textil in der Kunst, erforscht und ausprobiert werden können. Ich nehme mit Begeisterung an Quilting Bee teil und liebe die künstlerische Betätigung mit meinen Händen bei gleichzeitiger Kommunikation über die Kunst.
Egenolff 30 – Wenn die Straßenkunst in die Galerie kommt
Außerdem habe ich mir noch den jüngsten Frankfurter Galerie-Neuzugang, die Galerie E30, angeschaut. Im Nordend zeigen Felicitas und Alexander Krupp Arbeiten von Justus ‚COR‘ Becker. Zumindest den Frankfurtern ist der Sprayer durch seine Murals bekannt – insbesondere die weiße Friedenstaube ist oft in den sozialen Medien geteilt worden.
Alexander Krupp erzählt, dass sie den Graffiti-Künstler einfach gefragt haben, ob er sich vorstellen kann, bei ihnen Bilder auf Leinwand auszustellen. Herausgekommen sind großformatige farbige Bilder, manche gesprayt, manche mit airbrush-Technik gestaltet und durch zusätzliche Zeichnungen und Text ergänzt.
Viele Bilder transportieren die Botschaft, die Becker auch mit seinen Graffitis an die Häuser und Unterführungen sprüht: Hoffnung, Frieden und Gerechtigkeit. Als Teenager wurde Becker bei illegalen, nächtlichen Graffiti-Aktionen manches Mal von der Polizei verhaftet. Heute bekommt er offizielle Aufträge, Gebäude mit Street-Art zu verschönern.
Auch einen alten Bau der Goethe-Universität in Frankfurt Bockenheim hat Becker, zusammen mit Oğuz Şen verschönert: Theodor W. Adornos Konterfei schmückt die Fassade des 60er-Jahre-Baus. Zusammen mit Max Horkheimer, einer Weltkarte und einem alles umfassenden roten Band, leuchtet die frühere Mensa der Uni weithin farbenfroh. Sein Tag (Graffiti-Unterschrift) COR ist übrigens auch an der Eingangstür zur Galerie aufgesprayt.
Die Galerie E30 will, neben der Kunst, auch ein Ort für Musik und Lesungen werden. Darauf freue ich mich schon.
Fazit
Rundgänge durch das Bahnhofsviertel, Sachsenhausen und das Ostend habe ich diesmal nicht geschafft und nehme mir vor, das peu à peu nachzuholen. Es gibt so viel zeitgenössische Kunst in Frankfurts Galerien zu entdecken – sie ist irre vielfältig und spannend. Während die (wenigen) großen, etablierten Galerien den Eindruck vermitteln, man sei nicht willkommen, fordern die kleineren und neuen Galerien auf, eine direkte Begegnung mit der Kunst zu erleben. Ein sehr inspirierendes Erlebnis und unbedingt zum Nachahmen empfohlen!
Frankfurt Art Experience 2022 – Frankfurts Gallery Weekend
Der Saisonstart der Frankfurter Galerien – britta kadolsky