Liebe und Hass – was für ein Gegensatz! Die Skulptur vor dem Senckenberg Museum in Frankfurt vereint beides in einem. Wie sieht das aus?
Die deutsche Konzeptkünstlerin Mia Florentine Weiss hat das Ambigramm, so nennt man spiegelbildlich zu lesende Wörter, entworfen. Von der einen Seite liest sich der Schriftzug Hate und, wenn man einmal drumherum geht, steht da Love. Ein- und dieselbe Skulptur, bei der die Buchstaben so raffiniert geschwungen sind, dass spiegelbildlich ein anderes Wort dabei herauskommt.
Die mit zweieinhalb mal fünf Metern ziemlich große Skulptur aus rostigem Stahl ist ein attraktives Fotomotiv und daher schnell zu einem Instagramm-Hit avanciert. Frankfurt-Tourist:innen besuchen den Ort gerne – auch wegen des Senckenberg Naturkundemuseums gegenüber und dem von Kindern bewunderten monumentalen Dinosaurier nebenan. Gerne wird dann auch ein Foto von dem rostigen ‚Zwei Wort Gedicht‘ gemacht – so nennt die Künstlerin ihre Arbeit.
2019 tourte Mia Weiss mit ihrer Bildhauerarbeit anlässlich der Europawahl durch unterschiedliche Städte. Love Hate wurde zeitlich begrenzt an markanten Plätzen in über 20 Städten aufgestellt: neben Frankfurt, Berlin und München in Würzburg, der Geburtsstadt der Künstlerin, Goslar, Braunschweig, etc. Mittlerweile tourt sie sogar durch die USA. In Berlin stand das Werk vor dem Brandenburger Tor und im Regierungsviertel, in München vor dem Siegestor und vor dem Bayrischen Nationalmuseum. Dort stehen sich nun zwei Skulpturen als feste Installation gegenüber.
Die Künstlerin Weiß thematisiert die Ambivalenz der großen Gefühle Liebe und Hass, die oft so nah beieinander liegen. Durch einen Perspektivwechsel kann Hass zu Liebe werden. Im Falle der Skulptur bringen bereits ein paar Schritte um die Plastik den alternativen Blick. Die Süddeutsche Zeitung zitiert Weiss: “Meine Botschaft ist “Make Love Not Hate”, sie ist mein persönliches Manifest, den wachsenden, allgegenwärtigen Hass auf der Welt in Liebe umzuwandeln.“ Das klingt genauso banal, wie der Wunsch nach Weltfrieden, ist aber selbstverständlich ebenso erstrebenswert.
LOVE in der Pop Art
Mich erinnert die Plastik an die große plakative Textskulptur LOVE von Robert Indiana. Indiana ordnete die Buchstaben im Quadrat an, wobei das L und das O über dem V und dem E stehen. Das O kippt inmitten der sich nahtlos berührenden Buchstaben nach rechts. Ein One Word Poem nannte Indiana seine Komposition.
Die Großbuchstaben leuchten in Rot vor grünem und blauem Hintergrund. Die farbige Version ist eines der berühmtesten Motive der Pop Art und repräsentierte das Lebensgefühl der Hippie-Jahre und der Pop-Kultur. Im Entstehungsjahr 1964 druckte das New Yorker MoMA – das Museum of Modern Art – Indianas Schriftzug auf seine Weihnachtskarte und machte ihn so schlagartig berühmt. Erst 1970 wurde die bekannte Skulptur daraus, die in den USA in vielen Städten zu sehen ist. 1973 zierte das positive Symbol dann sogar eine US-Briefmarke und war eines der am weitesten verbreiteten Kunstwerke der USA.
Vor der Neuen Nationalgalerie in Berlin stehen die ikonischen Buchstaben auch in Corten-Stahl. Sie sind vertikal gespiegelt – erscheinen in zwei Quadraten nebeneinander, wobei sich die beiden Rücken des L und des V berühren. Mit fünf Metern Breite beeindruckend groß.
Love Hate Skulptur – britta kadolsky