Ein kleiner Schatz ist im Fotografie Forum Frankfurt zu entdecken: Die Foto-Ausstellung My Mind’s Eye zeigt Fotos von Peter Fink (1907 bis 1984) aus seinem über 30-jährigen Schaffen.
Der renommierte amerikanische Fotograf war zu Lebzeiten, insbesondere in den USA, sehr bekannt, eigentlich ein Star. Seine Fotos hängen im Metropolitan Museum of Art in New York, im MMK in Frankfurt, in der Nationalbibliothek Frankreichs in Paris und vielen weiteren bedeutenden Sammlungen. In unzähligen Ausstellungen wurden seine Werke gezeigt. Außerdem veröffentlichte er Fotobände.
Foto-Ausstellung Peter Fink
Finks Fotos sind überwiegend schwar-weiß und zeigen eine beeindruckende Themenvielfalt: Auf seinen Reisen liebte er es Straßenszenen mit seiner Kamera festzuhalten. Aber auch Modefotografie, Werbefotografie und Portraits, darunter viele Fotos von Celebrities bereichern sein Werk.
Zunächst studierte Fink Kunst in Chicago und arbeitete danach in einem Unternehmen, das maßangefertigte Teppiche mit Sujets aus der Kunstwelt produzierte. Danach war Fink bei französischen Luxuslabels tätig: Modefotograf und Produktdesigner bei dem Couturier Lucian Lelong und Produktdesigner bei Lanvin Parfums. Werbefotografie und die Gestaltung von Showrooms schulten sein Auge für die Ästhetik und spiegeln sich in seinen Fotos wider.
Auf die Idee, beruflich zu fotografieren, brachte ihn die erste professionelle Innenarchitektin Amerikas: Lady Mendl, bürgerlich Elsie de Wolfe. Sie erkannte sein Talent und stellte so die Weichen für ein Leben als Fotograf.
Peter Fink reiste viel und weit. Neben den USA und Europa bereiste er auch Nordafrika und Asien. Seine Straßenfotografie zeichnet sich durch seinen empathischen Blick auf die Menschen aus. Auch die Fotos der Nachkriegszeit in Europa zeigen keine zerstörten Städte, keine Trümmer, sondern offenbaren einen liebevollen Blick auf die Menschen vor seiner Linse.
Architekturfotografie
Seine Architekturfotografie, die in New York, San Francisco und Chicago entstand, ist beeinflusst von der bildenden Kunst. Die Glasfassaden der Wolkenkratzer eignen sich für Spiegelungen jeder Art und führen durch die experimentellen Perspektiven zu skurrilen Verdrehungen.
Seine Serie Refractions zeigt Fotos von gespiegelten Architektur-Fragmenten, die an abstrakte Malerei erinnern. Orientierungslos sucht man in seinen Hochhaus-Ausschnitten Anhaltspunkte für ein Wiedererkennen. Auch Pfützen dienten Fink als Spiegel und verwandeln geometrische Häuserfronten ins Malerisch-Verzerrte.
Seine Fotos entstanden immer in natürlichem Licht. Für seine Bilder bei Dunkelheit wählte er einfach eine besonders lange Belichtungszeit, die zu verschwommenen Effekten führte.
Porträtfotografie
Als Portraitfotograf bekam Peter Fink viel Prominenz vor die Linse. Zu sehen sind unter anderem der Pianist Vladimir Horowitz, die Schauspielerin Brigitte Bardot, die Kosmetik-Königin Estée Lauder und weitere Berühmtheiten. Selbstverständlich lichtete er auch seine Frau Monique Fink, ein ehemaliges Model, ab. Bemerkenswert fand ich das ‚Portrait‘ von Helena Rubinstein, die selbst auf dem Bild nicht zu sehen ist. Die Aufnahme wurde in ihrem Atelier gemacht und zeigt die Masken, die die Kosmetik-Firmeninhaberin sammelte. Eine wunderbare Doppeldeutigkeit: Helena Rubinstein war Kosmetikunternehmerin und – Kosmetik dient als Maske.
Fink fotografierte zudem häufig Kinder, die ins Spiel vertieft sind oder offen und neugierig in die Kamera schauen. Diese Aufnahmen sind sehr anrührend und zeigen, dass Fink die Gabe hatte, sich auf Augenhöhe zu begeben und so authentischee Impressionen festzuhalten.
Modefotografie
Wandfüllend als Tapete zeigt die Ausstellung eine Modefotografie für das älteste Kaufhaus Amerikas, Lord &Taylor. Die Skizze einer großen blonden Frau in einem bodenlangen Kleid aus fließendem Georgette-Stoff füllt die linke Seite des Plakats. In der rechten oberen Ecke ist ein Foto-Ausschnitt zu erkennen, der die Fassade des World Trade Centers von unten zeigt. Die äußere Form des Fotos zeigt die Silhouette einer Figur mit Hut – wahrscheinlich der Künstler selbst. Fotos in einer nahen Vitrine zeigen Aufnahmen vom Künstler mit Hut. Die Kombination von Zeichnung, Foto in Shaped Form und Text ist ungewöhnlich, insbesondere da das Foto und seine Form erst einmal Rätsel aufwirft.
Blumen- und Naturfotografie
An der rückwärtigen Eingangswand hängen in lockerer Formation unterschiedlich große Blumenfotografien. Auffallend sind die hellen, fast weißen Blumen vor schwarzem Hintergrund. Peter Fink hat diese Aufnahmen gegen Ende seines Lebens gemacht. Sie erinnern an Vanitas Motive dar, Symbole für die Vergänglichkeit des Lebens. Peter Finks Beruf als Produktdesigner offenbart sich beim Blick auf die Vasen der fotografierten Blumen: Es sind Parfüm-Flacons.
Im hinteren Raum versammelten die Kuratorinnen Finks Naturfotografie: Zarte Pflanzenstängel, die aus dem Schnee ragen und wie gezeichnet wirken. Einige der Baumfotografien wirken abstrakt und bekunden seinen außergewöhnlichen Blick.
Im Gegensatz zu vielen anderen Fotografen, die bereits beim Blick durch das Objektiv den Bildausschnitt genau festlegen, definierte Fink diesen mit einem Fettstift erst auf seinen Kontaktabzügen. Um seinem Qualitätsanspruch gerecht zu werden, unternahm er Entwicklung und Druck selbst.
Wie bereits angedeutet, sind immer wieder Rückgriffe auf die Kunstgeschichte zu entdecken. Als, vielleicht unbewusste, Rückbesinnung an sein Kunststudium sind in seinem Fotos zuweilen Referenzen an Klimt, Renoir und Hundertwasser zu erahnen.
Auffällig ist, dass bei einigen Bildern das Passepartout verrutscht erscheint: einige Fotos sind im unteren Bereich des Rahmens gezeigt, was sehr ungewöhnlich ist, aber auf jeden Fall aufmerksam werden lässt.
Die Kuratorinnen Celina Lunsford und Andrea Horvay haben eine wunderschöne Hängung inszeniert: Thematisch zusammengefasst, wurden die Fotografien in Wolkenformen über- und nebeneinander angeordnet: pro Sujet eine eigene Wolke. Die eleganten grauen Rahmen sowie die dicken Passepartouts veredeln zusätzlich.
Die im Hintergrund zu hörenden Stimmen stammen von einer Tonbandaufnahme, die ebenfalls im Nachlass Peter Finks gefunden wurde. Das Interview mit ihm ist sicherlich sehr interessant, kann aber in den Ausstellungsräumen nicht wirklich gut gehört werden.
Nach seinem Tod 1984 geriet sein Oeuvre ein wenig in Vergessenheit. Umso wunderbarer, dass sich sein Nachlass mit über 7000 Exponaten in Frankfurt befindet. Die Kuratorinnen haben mit den über 200 schwarzweißen Originalbilder eine überzeugende und zugleich auratische Auswahl getroffen.
Das Fotografie Forum Frankfurt (FFF) gibt es seit 1984. Unzählige Ausstellungen, Workshops und Publikationen sind seither entstanden. Die Räume in der Braubachstraße stellen einen besonderen Rahmen für Fotografie Ausstellungen dar.
Unbedingt besuchen! Am besten zu einer der öffentlichen Führungen mit Sabine Königs, die nicht nur die Augen für Finks Fotografien öffnet, sondern auch mit ihren Geschichten zu einzelnen Bildern in Peter Finks Leben eintauchen lässt. Noch bis zum 16.1.2022.
Peter Fink – Foto-Ausstellung in Frankfurt – britta kadolsky